Wirkt Rap sozialethisch desorientierend?
Zwischen Reichtum, Diskriminierung, Gewaltverherrlichung und Drogen
Medienradar, 08/2020
Viele Gangsta-Raps bedienen sich altbekannter Klischees. Dabei darf das protzige Auto ebenso wenig fehlen wie die teure Armbanduhr und die Geschichte der Kriminellen, die ihre Privilegien ausleben und gleichzeitig die Polizei zu meiden wissen.
Videoclip „Roli“ von Luciano
Luciano: „Roli“, Musikvideo
Werden Jugendliche von dem vermittelten Lebensgefühl und dem präsentierten Reichtum angezogen, oder dechiffrieren sie dies als überaus typische und redundante Ausdrucksform des Genres? Aufgaben dazu finden Sie in unserem Lehrmaterial:
Videoclip „Gucci Gang“ von Lil Pump
Lil Pump: „Gucci Gang“, Musikvideo
Wird hier eine Verharmlosung oder gar Verherrlichung von Drogenkonsum und Dealen wiedergegeben? Wie anschlussfähig und wirkmächtig ist dies für Kinder und Jugendliche einzuschätzen? Das Dealen wird zwar visuell eher angedeutet, aber doch konkret genug erzählt, dass bereits unter 16-Jährige dies entschlüsseln können. Vor allem wegen der Verharmlosung von Drogenkonsum und -verkauf befand der FSF-Prüfausschuss den Musikclip für unter 16-Jährige als sozialethisch desorientierend und entwicklungsbeeinträchtigend. Der Ausschuss war der Meinung, dass Dealen hier im Zusammenhang mit einem Erfolgskonzept der einfachen Sorte geliefert wird: wer dealt und Drogen nimmt ist cool und kann sich teure Markenklamotten und Autos leisten. Dies wird außerdem von frauenverachtenden Aussagen begleitet. Die Expert*innen befanden, dass unter 16-Jährige mit einer distanzierten Einordnung überfordert seien.
Das Frauenbild ist in vielen Rapsongs und -clips reaktionär und sexistisch. Nicht selten wird die Frau als williges „Konsumgut“ inszeniert, während der Mann Potenz, Macht und Coolness verkörpert.
Videoclip „LFR“ von Nimo
Nimo: „LFR“ (prod. von SOTT), Musikvideo
Dieser Clip wurde von der FSF ab 12 Jahren für das Tagesprogramm freigegeben. Die Bildebene weist hier keine problematischen Inhalte auf. Diskutiert wurde hingegen die Liedzeile „Lass Fotzen reden“. Der Prüfausschuss war der Meinung, dass diese Bezeichnung hier nicht als despektierliche Anrede für Mädchen/Frauen gedacht ist, sondern das männliche Geschlecht gleichermaßen miteinschließt. Ist der Begriff „Fotze“ also in der Alltagssprache angekommen und lässt sich losgelöst von der ursprünglichen Verwendung betrachten, oder stellt er weiterhin eine Degradierung des weiblichen Geschlechts dar, die überaus kritisch zu bewerten ist?
Brigitte Zeitlmann ist hauptamtliche Vorsitzende in den Prüfausschüssen und arbeitet in dem Bereich der Medienpädagogik bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF). Als Redakteurin verantwortete sie beim multimedialen Lehrangebot Faszination Medien den Bereich Jugendschutz und war jahrelang Mitglied der Auswahlkommission der Internationalen Filmfestspiele Berlin (Berlinale) Generation. Sie ist außerdem Prüferin bei der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) sowie regelmäßig Mitglied der Nominierungskommission und Jury des Grimme-Preises.

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- Sozialethische Desorientierung als Risikodimension im Jugendmedienschutz
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