Zahlen / Fakten

Der ökologische Fußabdruck digitaler Geräte

Berechnung der Treibhausgas-Emissionen von Digitaltechnik

Christian Kitter, Dirk Uhlig

Medienradar, 02/2023

Große Teile unserer Lebensbereiche- und gewohnheiten finden im digitalen Raum statt. Doch digitale Geräte erzeugen sowohl bei der Herstellung als auch bei der Nutzung einen ökologischen Fußabdruck, der derzeit noch weitesgehend unsichtbar ist. Daher wäre es wichtig zu wissen, wie hoch dieser Fußabdruck bei den einzelnen Geräten ist und wie er sich möglichst genau berechnen lässt. Genau dies versucht der vom Öko-Institut e.V. herausgegebene Rechner zur Ermittlung des digitalen CO2-Fußabdruck[1], der in seiner übersichtlichen und unkomplizierten Anwendung einen guten Einblick in die wesentlichen Treibhausgasemissionen gibt, die bei der Produktion und Nutzung von Digitaltechnik anfallen. Ausgehend von Beispielrechnungen mit dem CO2-Rechner soll identifiziert werden, welche digitalen Anwendungen mit den größten negativen Umwelteffekten verbunden sind und durch welche Verhaltensänderungen und Nutzungsgewohnheiten diese Effekte reduziert werden können.

Anwender*innen digitaler Geräte ist häufig weder bewusst, mit welchen Belastungen für die Umwelt die Herstellung und Entsorgung ihrer Geräte verbunden ist, noch wissen sie etwas über den genauen Energieverbrauch in Datennetzwerken und Rechenzentren. Solche Daten sind auch nur schwer verfügbar und der Energiebedarf sowie die Treibhaugasemissionen zur Herstellung der Geräte sind an den Geräten selbst nicht zu erkennen. Auch der Energiebedarf des Internets und der Aufwand in Rechenzentren lässt sich nirgendwo ablesen.

Hier möchte der Rechner zur Ermittlung des digitalen CO2-Fußabdruck des Öko-Institut e.V. Klarheit schaffen: auf Grundlage zweier Studien[2][3] dort entwickelt und herausgegeben, gibt er durch seine übersichtliche Gestaltung und unkomplizierte Bedienung einen guten Einblick in die wesentlichen Treibhausgasemissionen, die bei der Nutzung von Digitaltechnik auftreten.

Die Anwendung des Rechners ist sehr einfach gestaltet und lädt zum Mitmachen ein. Durch Drag-and-Drop einzelner Geräte sowie Veränderung der Nutzungsintensität und Lebensdauer lassen sich individuelle Werte schnell ermitteln. Mit Schüler*innen kann der Rechner, z.B. bezogen auf ihr individuelles Nutzungsverhalten oder den Verbrauch einer Klasse bzw. der Schule insgesamt, leicht ausprobieren. Die Ergebnisse regen zu einem Diskurs über die Frage nach Suffizienz und permanentem Wachstum sowie notwendigen politischen Forderungen - wie z.B. das Recht auf Reparatur - an.

Vor der Betrachtung einzelner Beispiele kann allgemein festgestellt werden, dass die Gesamthöhe der CO2-Äquvalente - bei einer durchschnittlichen Nutzung digitaler Geräte und Dienstleistungen pro Anwender*in und Jahr - mit rund einer dreiviertel Tonne CO2e[5] beim ökologischen Fußabdruck nicht vernachlässigt werden kann. Im Verhältnis zu den gesamten CO2-Äquvalenten pro Einwohner in Deutschland von ca. 11 Tonnen sind die Werte des hier ermittelten digitalen CO2e-Fußabdrucks dennoch vergleichsweise gering. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass z.B. durch höhere Streaming- und Cloudnutzung sowie die Entstehung immer größerer Rechenzentren, die Belastung für die Umwelt in den kommenden Jahren weiter stark zunehmen wird. Dem kann nur durch vielseitige Maßnahmen entgegengewirkt werden, die wir u.a. im Erklärvideo Die Klimabilanz deines Smartphones und in der Playlist Tipps zur Nachhaltigen Nutzung digitaler Technik vorstellen.

Im Folgenden werfen wir einen Blick auf die Treibhausgasemissionen einzelner Geräte in Bezug auf ihre Lebensdauer und die täglichen Nutzungszeiträume:

Smartphone

Bei Smartphones wird von Treibhausgasemissionen für Herstellung, Transport und Entsorgung von rund 10 bis 100 kg CO2e ausgegangen. Dabei gilt: neuere Geräte mit größeren Bildschirmdiagonalen und höherer technischer Ausstattung zeigen auch höhere CO2e-Werte.

In der Regel bleibt das Smartphone rund um die Uhr (24 Stunden) eingeschaltet und verbraucht damit kontinuierlich Energie. Gegenüber der Herstellung ist diese jedoch vergleichsweise gering und fällt kaum ins Gewicht.

Mit einem Durchschnittswert von 2,5 Jahren der Erstnutzung gehört das Smartphone zu den vergleichsweise kurzlebigen Geräten, die schneller technischer Veraltung unterliegen und aus Lifestyle-Gründen vorzeitig ausgetauscht werden. In der Gegenüberstellung beider Grafiken wird deutlich, wie durch eine Erhöhung der Lebensdauer die CO2e-Bilanz maßgeblich beeinflusst werden kann.

Tablet

Ein technisch sehr ähnliches Gerät wie das Smartphone in einer etwas größeren Version stellt das Tablet dar. Herstellungsaufwand, Transport und Entsorgung von Tablets variieren je nach Displaygröße zwischen rund 100 bis 200 kg CO2e. Auch hier gilt: je größer das Display, desto größer der CO2-Fußabdruck.

Der aktive Energieverbrauch von Tablets ist mit 4 Watt vergleichsweise klein. Der Vergleich beider Grafiken zeigt, dass eine variable tägliche Nutzungsdauer deshalb nur einen geringen Einfluß auf den CO2-Fußabdruck von Tablets hat. Stattdessen wird der Herstellungsaufwand bei der CO2e-Bilanz deutlich überwiegen.

Laptop

Ausführlichen Ökobilanzstudien[4] ergaben für die Treibhausgasemission der Herstellung von Laptop-Computern (mit SSD) einen Wert von 311 kg CO2e. Dieser liegt deutlich über dem Wert von Smartphones und Tablets. Bei einem Desktop-Computer mit Monitor liegt hingegen die CO2-Äquvalente weitaus höher. Für den CO2-Rechner wird die gerundete Lebensdauer Erstnutzung von 5 Jahren angesetzt.

Die tägliche Nutzungsdauer variiert je nach Anwender*in zwischen wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden. Sie ist abhängig davon, ob die Geräte zum Arbeiten, zur Informationsbeschaffung, zur Kommunikation oder zum Medienkonsum verwendet werden. Im Durchschnitt wird von 2 Stunden Nutzungsdauer ausgegangen. In der Gegenüberstellung beider Grafiken erkennt man, dass die Nutzungsdauer im Vergleich zur Herstellung einen relativ geringen Anteil an der gesamten CO2e-Bilanz hat. Er liegt höher als bei Smartphones und Tablets, bleibt jedoch unter dem von Desktop-Computer und Monitor. 

Desktop-Computer und Monitor

Da der Desktop-Computer immer gemeinsam mit mindestens einem Monitor betrieben wird, zeigen die Grafiken die CO2e-Bilanz beider.

Wie beim alternativen Laptop-Computer wird auch hier für beide Geräte eine gerundete Lebensdauer Erstnutzung von 5 Jahren angenommen. Für die Treibhausgasemission der Herstellung eines Desktop-Computers wird ein durchschnittlicher Wert von 347 kg CO2e (69 kg CO2e/a) angesetzt, der Wert für den Monitor liegt gemittelt bei ca. 90kg CO2e (18 kg CO2e/a), variiert aber je nach Bildschirmgröße.

Die tägliche Nutzungsdauer variiert je nach Anwender*in zwischen wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden. Im Durchschnitt wird hier von 2 Stunden Nutzungsdauer ausgegangen, abhängig von der Verwendung als Arbeitsmittel ist aber oft auch eine viel längere Nutzungsdauer an der Tagesordnung (um den relativ erhöhten Anteil der Nutzungsdauer an der Gesamttreibhausgasemission gegenüber Smartphone, Tablet und Laptop verstärkt deutlich zu machen, wird in den Grafiken von durchschnittlich 5 Stunden täglicher Nutzungsdauer ausgegangen).

Generell kann man sagen: Leistungsstarke Desktop-Computer weisen sowohl einen hohen Herstellungsaufwand und als auch einen hohen Energieverbrauch bei der Nutzung auf. Bei Monitoren steigt die CO2e-Bilanz sowohl von Herstellung als auch von täglicher Nutzungsdauer mit der Größe des Bildschirms.

Fernseher

Die Größe von Fernsehgeräten entscheidet maßgeblich darüber, wie hoch deren Ökobilanz bei der Herstellung ist und wie viel Energie sie bei der Nutzung verbrauchen (der Wert der Energieeffiziensklasse von Fernsehgeräten allein ist nicht aussagekräftig genug, denn dieser wird auf die Bildschirmfläche bezogen und begünstigt damit große Geräte). Im allgemeinen gilt deshalb folgende Regel: Kleinere Fernsehgeräte sind besser für die Treibhausgasbilanz als große.

Ausgehend von dem Trend der steigenden Bildschirmdiagonalen am Markt wird für die Herstellung von Fernsehgeräten von ein Wert 1.000 kg CO2e (167 kg CO2e/a) ausgegangen. Für die Lebensdauer Erstnutzung von Fernsehgeräten wird ein gerundeter Wert von 6 Jahren angenommen.

Neben dem hohen Herstellungsaufwand weisen große Fernsegeräte auch einen hohen nutzungsbedingten Energieverbrauch auf. In Deutschland beträgt die durchschnittliche Nutzungsdauer nach AGF Videoforschung (2020) für das Jahr 2019 täglich 3,5 Stunden. Im Vergleich der beiden Grafiken wird deutlich, dass sich bei Fernsehgeräten im Gegensatz zu kleinen Geräten eine unterschiedliche tägliche Nutzungsdauer sehr ausgeprägt in der CO2e-Bilanz niederschlägt.

Spielkonsole

Für Spielekonsolen wird angenommen, dass diese technisch sehr ähnlich zu Notebooks sind. Als Lebensdauer Erstnutzung wird daher im CO2-Rechner der Wert der Notebook-Computer von 5 Jahren übernommen.

Die durchschnittliche Nutzung aller elektronischen Spiele zusammen beläuft sich 2019 laut JIM-Studie bei Kindern und Jugendlichen auf 81 Minuten pro Tag. Bei den Spielgeräten liegt deutlich das Smartphone mit 41 Prozent der genutzten Geräte vorne, gefolgt von Desktop- oder Laptop-Computern mit 25 Prozent und stationären Spielekonsolen mit ebenfalls 25 Prozent. Die Spielekonsole wird von Jugendlichen aber auch zu 16 Prozent zum Internetzugang verwendet, weshalb die tatsächliche Nutzungsdauer länger ist als die tatsächliche Spieldauer. Mit Blick auf die jüngere Zielgruppe des CO2-Rechners wird daher eine tägliche Nutzung von Spielekonsolen von 30 Minuten abgeschätzt.

Wie in den Grafiken zu erkennen, ist der Anteil der Nutzung im Verhältnis zur Herstellung relativ hoch, d.h., dass Spielkonsolen in ihrer Anwendung deutlich mehr Energie als andere Computer benötigen, da sie mit leistungsstarken Grafikkarten ausgestattet sind. Um im Internet zu surfen, sind daher Laptop oder Tablet die besseren Alternativen. Bei intensiver Nutzung der Spielkonsolen steigt die CO2e-Bilanz stark an.

Internet-Router

Internet-Router werden mit einer durchschnittlichen Lebensdauer von 7 Jahren und einem Herstellungsaufwand von ca. 75 kg CO2e (11 kg. CO2e/a) berechnet.

Durch den kontinuierlichen Standby-Betrieb (24 Stunden tägliche Nutzung, davon jedoch oft Leerlaufzeiten) verbrauchen Router jedoch unverhältnismäßig viel Energie. Über Energiesparfunktionen, die von den Anwender*innen meist erst aktiviert werden müssen, lässt sich der Verbrauch jedoch reduzieren. So können WLAN-Netzwerke  über ein Online-Interface mit einem Zeitplan (z.B. nachts) abgestellt werden. 

Fazit

In Anbetracht des zu beobachtenden Trends hin zu immer größeren Geräten, des wachsenden Interesses am Internet der Dinge, der zunehmenden 5G-Abdeckung und all den damit im Zusammenhang stehenden, stetig wachsenden Datenmengen wird davon ausgegangen, dass die Digitaltechnik im Jahr 2025 für 20 % des gesamten Stromverbrauchs verantwortlich sein werden. Wenn in den nächsten Jahrzehnten eine Klimaneutralität erreicht werden soll, um die Erderwärmung in Grenzen zu halten, dann müssen auch die Treibhausgasemissionen durch digitale Geräte und deren Anwendungen sinken. 

Vergleicht man die ökologische Bilanz der Herstellungsphase eines Geräts mit seiner Nutzungsphase und dem damit verbundenen Stromverbrauch, so wird deutlich, dass die Treibhausgasemission der Herstellung meist höher ist. Für Verbraucher*innen bedeutet das, dass sie die Energiebilanz von Digitaltechnik vor allem durch eine entschieden längere Lebensdauer der Geräte klimaschonend und nachhaltig beeinflussen können. Doch maßgeblich liegt die Verantwortung bei den Herstellern selbst: digitale Geräte sollten deshalb nicht nur bei der Nutzung energieeffizienter und klimafreundlicher werden, sondern vor allem auch in ihrer Herstellung.

1. Öko-Institut e.V.: Digitaler CO2-Fußabdruck-Rechner, https://www.digitalcarbonfootprint.eu (abgerufen am: 22.01.2023)

2. Gröger, J.: Digitaler CO2-Fußabdruck – Datensammlung zur Abschätzung von Herstellungsaufwand, Energieverbrauch und Nutzung digitaler Endgeräte und Dienste, 07/2020, Öko-Institut e.V., https://www.oeko.de/publikationen/p-details/digitaler-co2-fussabdruck (abgerufen am 22.01.2023)

3. Gröger, J.; Liu, R: Green Cloud Computing – Lebenszyklusbasierte Datenerhebung zu Umweltwirkungen des Cloud Computing, 2021, Öko-Institut e.V., https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/green-cloud-computing (abgerufen am 22.01.2023)

4. Prakash, S.; Antony, F.; Dehoust, G.; Gensch, C. O.; Graulich, K.; Gsell, M. et al. (2016), unter Mitarbeit von Stamminger, R.: Einfluss der Nutzungsdauer von Produkten auf ihre Umweltwirkung: Schaffung einer Informationsgrundlage und Entwicklung von Strategien gegen "Obsoleszenz"
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/einfluss-der-nutzungsdauer-von-produkten-auf-ihre-1 (abgerufen am 22.01.2023)

5. In die Maßeinheit CO₂-Äquivalente (CO2e) werden zur Vereinheitlichung der Klimawirkung unterschiedliche Treibhausgase einbezogen.

Autor*in

Christian Kitter ist gelernter Erzieher und studierte an der Freien Universität Berlin Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Medienpädagogik. 1996 begann er seine Tätigkeit als Medienpädagoge bei der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen. Schwerpunkt seiner Arbeit waren Grundschulprojekte zur Vermittlung von Medienkompetenz im Unterricht. Als leitender Redakteur war er für die Entwicklung digitaler Materialien für den Einsatz in Schule und Jugendarbeit verantwortlich (Krieg in den Medien, Faszination Medien), die in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung entstanden.

[Bild: Sandra Hermannsen]
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Autor*in

Dirk Uhlig arbeitete bereits seit 2007 als freier Gestalter eng mit dem Medienpädagogik-Team der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) für die Entwicklung und Umsetzung der Projekte Krieg in den Medien und Faszination Medien zusammen. Seit 2017 gehört er zum festen Team der Medienpädagogik der FSF. Nebenbei ist er als freier Dokumentarfilmschaffender tätig.

[Bild: privat]
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